Ich blicke aufs Meer und es hat sich verändert. Ich sehe nicht mehr das schöne blaue, friedliche Meer, sondern einen dunklen Ort der Wahrheit über uns Europäer.
In den sozialen Netzwerken tobt eine Debatte am Abgrund der Menschlichkeit über die Seenotrettungen im Mittelmeer:
Sollte man die Menschen überhaupt noch retten? Ist es nicht sinnvoll, sie sterben zu lassen, als Abschreckung? Damit weniger kommen?
Hintergrund ist ein Vorfall, der sich am 21.Juni 2018 in den Küstengewässern vor Italien ereignete. Die Besatzungen der Rettungsschiffe “Lifeline” und “Seefuchs” hätten den Anweisungen der italienischen Leitstelle ignoriert, und das Kommando nicht an die libysche Küstenwache weitergegeben. Stattdessen nahmen die Schiffe die 234 Menschen an Board. Italien verwehrte der “Lifeline” das Anlegen in italienischen Häfen. Nicht das einzige Schiff, dem das Anlegen verwehrt wird: Die “Iuventa” von “Jugend rettet” wurde von Italien beschlagnahmt. Der “Seefuchs” von “Sea Eye” muss ebenfalls im Hafen bleiben. Die “Aquarius” von “Ärzte ohne Grenzen”: Darf in Italien und Malta nicht mehr anlegen. Die “Sea Watch 3” und die “Lifeline” wurden auf Malta festgesetzt. Der Besatzung drohen strafrechtliche Ermittlungen.
Die Folgen sind verheerend: Menschen geraten in Seenot, drohen zu ertrinken und bekommen keine Hilfe mehr:
Aktuell gibt es keine privaten Seenotrettungen mehr im Mittelmeer.
Und die Politiker?
Anstatt die Helfer auf dem Mittelmeer zu unterstützen, kann man sich für die Politik nur schämen.
Der italienische Innenminister Matteo Salvini nennt die Retter “Vizeschlepper”. Die Flüchtlinge bezeichnet er als “Menschenfleisch”. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer nimmt solche Wörter nicht in Mund, aber er fordert die offizielle Beschlagnahmung der “Lifeline”, ein Schiff der gleichnamigen Mission, die zwischen Italien und Libyen Seenotrettungen durchführt. Er verlangt außerdem strafrechtliche Ermittlungen gegen die Crew.
Die AFD twittert stolz ihre Strafanzeigen gegen Helfer von “Save the Childrens” oder “Ärzte ohne Grenzen”.
Das erschreckende daran ist, dass nicht nur die Populisten in Europa das Vorgehen begrüßen, sondern dass es gesellschaftskonform geworden ist, die Rettungen in Frage zu stellen. Wie Wolfgang Luef im SZ-Magazin schreibt:
Plötzlich gibt es im öffentlichen Diskurs zwei unterschiedliche Meinungen darüber, ob man Menschen in Lebensgefahr helfen soll, oder ob man sie lieber sterben lassen soll. »Je mehr man rettet, desto mehr kommen doch«, das sagt man plötzlich laut und ungeniert. Der Satz hat sich von den hasserfüllten Kommentarspalten auf Facebook in die angsterfüllte Mitte der Gesellschaft geschlichen. Er wird heute in Büros ausgesprochen, auf Gartenpartys und in Parlamenten.
Was passiert hier gerade mit unserer Gesellschaft? Wie kann man als Mensch dafür plädieren, einen anderen Menschen einfach sterben zu lassen? Wenn ein Mensch in Seenot ist, weil er fliehen musste, ist es doch völlig egal, welche Religion dieser Mensch hat. Es ist ein Mensch, der ertrinken wird. Und es muss alles versucht werden, um ihn zu retten.
Im Seerecht steht: Wenn ein Mensch zu ertrinken droht, muss er gerettet werden.
Diese Debatte macht mich so wütend. Haben wir Europäer keine Dankbarkeit für unseren Wohlstand und unser Glück, auf diesem Kontinent geboren worden zu sein, übrig? Wie können wir es uns erlauben, Menschen aus Nigeria, Libyen oder sonst woher, als Menschen zweiter Klasse zu behandeln? Wieso sind hier Politiker an der Macht, die dieses Gedankengut verbreiten können und wieso werden sie von Menschen auch noch dafür bejubelt?
Versetzt sich niemand in die Lage dieser Menschen?
Im Moment sehe ich von meinem Schreibtisch aus das Mittelmeer. Und wenn ich dazu in der Lage wäre, würde ich ein Schiff kaufen, damit raus fahren und die Leute retten. Aus verschiedenen Gründen geht das leider nicht. Aber vielleicht wird das eine Gegenbewegung – wenn die Rettungskräfte nicht mehr in nationale Gewässer einfahren dürfen, muss es andere Wege geben. Dann werden die Schiffe die Hilfsbedürftigen in internationalen Gewässern aufgreifen und sagen:
“Liebe Europäerinnen und Europäer, die ihr ein Schiff besitzt – wir haben hier Menschen vor dem Ertrinken gerettet, nehmt sie uns ab.”,
meint Alex Steier, der “Lifeline”-Gründer im Interview mit jetzt.de. Die Politik würde zu einer anderen Reaktion gezwungen wäre, wenn 100 oder 500 Privatboote zu diesem Zweck auf dem Mittelmeer unterwegs wären und anlanden wollen.
Was ich und du aber tun können, ist aktiv zu werden – auf verschiedene Weisen:
- Die Missionen der Notrettungen unterstützen. Indem man sich aktiv an der Rettung beteiligt – vor allem Ärzte, Krankenpfleger und Nautiker werden gesucht.
- Aktiv diese Videos teilen, auf Facebook, in sozialen Netzwerken und auch im privaten Umfeld für die Rettung der Flüchtlinge und die Rettung der Menschlichkeit werben.
- Die Rettungen mit einer Spende unterstützen:
- Sea Eye verdoppelt deine Spende im Moment.
- Ärzte ohne Grenzen kann man hier unterstützen.
- Die Mission Lifeline kann hier unterstützt werden.
- Andere Missionen findest du mit der Suche im Internet.
- Petitionen wie diese hier von CampAct unterschreiben und so die Politiker unter Druck setzen.
Auch einige Prominente wie Jan Böhmermann und Class Heufer-Umlauf werden aktiv und wollen helfen. Sie sammeln spenden, Jan Böhmermann, um der Lifeline-Crew die Gerichtskosten zu bezahlen und Claas Heufer-Umlauf, um ein Schiff zu chartern und Menschen vor dem Ertrinken zu retten.
Aber niemand muss prominent sein, um zu helfen. Auch du und ich können etwas tun.
1400 Menschen mussten dieses Jahr schon im Mittelmeer ertrinken. Wenn keine Hilfe mehr kommt, wird die Zahl deutlich steigen.
Sorgen wir dafür, dass es nicht so weit kommt.
Werde mit mir aktiv und spende, verbreite Videos, Artikel und Informationen zu diesem Thema. Teile diesen Beitrag, damit andere erfahren, wie sie helfen können. Geh auf Demonstrationen, werde laut und ungemütlich!
Class Heufer-Umlauf ist der Meinung:
„Selbst, wenn man manchmal den Eindruck hat, dass man recht alleine ist mit dieser Meinung, dass Ertrinkende davor gerettet werden sollten, zu ertrinken, glaube ich, dass es immer noch genug Leute gibt, die es eben nicht so sehen“, sagt er in seinem Video. „Wenn Europa als solches nicht mehr funktioniert, muss man eben Europa selber machen.“
Ich bin der gleichen Meinung.
Das ist kein Europa, in dem ich gerne leben möchte. Lasst uns gemeinsam ein Europa schaffen, indem die Menschenleben aller Menschen wertvoll sind.
Spendet, Teilt und erhebt eure Stimme.
Danke, dass du bis hierhin gelesen hast!
Damit du siehst, dass ich nicht nur davon rede, sondern aktiv etwas beitrage, zeige ich dir hier meinen Spendenbeleg an die Organisation Sea Eye – irgendwo muss man ja anfangen (ich mache hier unbezahlte Werbung aus Überzeugung). Die Campact-Kampagne habe ich mit meiner Unterschrift unterstützt und versuche, über die sozialen Netzwerke möglichst viele Menschen zu erreichen und zum Helfen zu bewegen.