Dieser Blogartikel erschien unter dem Titel “Klimakrise: Wie spreche ich mit meiner Familie über Zukunftssorgen?” am 10. Mai 2023 auf stadtlandmama.de.
Dieser Artikel ist Teil meiner Blogreihe “Elternschaft in der Klimakrise”. Hier erzähle ich von den beruflichen und privaten Veränderungen, die die Klimakrise in meinem Leben bewirkt hat, sowie von unserer familiären Reaktion darauf. Es ist eine Herausforderung, die auch eine Frage der Kommunikation darstellt. Als Familie mussten wir zunächst einen Weg finden, über unsere Klimasorgen zu sprechen und Handlungsmöglichkeiten auch für unsere jüngeren Familienmitglieder zu entdecken. |
Ich lebe mit meiner Familie in einem wunderschönen Bergdorf zwischen Barcelona und Valencia in Spanien. Die Häuser wurden aus Steinen der ehemaligen Burg gebaut, die Gassen sind eng und voller Leben, die Menschen hier sind die nettesten, die ich je kennengelernt habe.
Als wir unser erstes Kind bekamen, wussten wir vieles nicht, aber wir wussten, was wir nicht wollten: Wir wollten unser Kleinkind nicht in eine Kita geben und im kapitalistischen Hamsterrad gefangen sein. Wir wollten viel Zeit als Familie verbringen, einen kleinen ökologischen Fußabdruck, aber einen großen ökologischen Handabdruck (also die positive Umweltauswirkung durch gesellschaftlichen Mehrwert) hinterlassen. Weil uns das in Deutschland nicht möglich erschien, sind wir 2018 nach Spanien gezogen, um ein Lebensmodell alternativ zu einem 9-to-5-Bürojob auszuprobieren.
Fünf Jahre später können wir eine Bilanz ziehen. Es ist uns bisher gut gelungen, unser Leben nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Wir arbeiten zwar viel, aber sehr flexibel, haben Zeit, unsere Tätigkeiten mit den Bedürfnissen der Kinder in Einklang zu bringen. Ich bin als freie Journalistin tätig, mein Mann Julien und ich haben gemeinsam 2019 eine ökologische Landwirtschaft aufgebaut. Er kümmert sich um die Felder, gemeinsam arbeiten wir an Vermarktung und Logistik. Die Oliven- und Mandelhaine pachten wir und produzieren leckere Mandeln und hochwertiges Olivenöl, die wir im Direktvertrieb nach Deutschland schicken.
Allerdings hat unser Leben, das im Jetzt eigentlich so gut zu uns ist, schon spürbare Risse. Elternschaft alleine ist schon eine Herausforderung, Elternschaft in der Klimakrise eine besondere Herausforderung. Letztes Jahr haben wir die Auswirkungen der Klimakrise direkt zu spüren bekommen. Im März hatte es vier Wochen lang ununterbrochen geregnet, sodass die Olivenbäume im Wasserstress waren und die Blüten „ertranken“. Das hatte Auswirkungen: Es gab kaum Ernte im Herbst und somit auch sehr wenig Einnahmen durch unser Olivenöl, eigentlich eine Haupteinnahmequelle unserer Familie. Die Klimakrise beeinflusst uns als Familie also bereits direkt und wir können die Auswirkungen auf die Natur und die Landwirtschaft hautnah miterleben.
Mein Aufwachmoment in der Klimakrise
Mir wurde die Klimakrise erst im Jahr 2019 richtig bewusst. Davor wusste ich zwar, dass sich das Klima „wandelte“, aber für mich war das lange Zeit nur eines von vielen Probleme, die wir in der heutigen Zeit haben. Dass ich aus dieser Trance aufwachte, lag auch an Greta Thunberg, die mit ihrer Fridays for Future Bewegung die Medien füllte und die Menschen auf die Bedrohung unserer Lebensgrundlage aufmerksam machte.
Ich hatte vorher nie verstanden, wie groß die Auswirkungen der Klimakrise sind. Trotz meines naturwissenschaftlichen Studiums war die Bedrohung unserer Lebensgrundlage bis dahin kaum ein Thema gewesen.
Ich hatte erst Biologie studiert, bin nach dem dritten Semester zum praktischeren Naturschutz gewechselt. Wir lernten viel über Gesetze, Planung und bauten unsere Artenkenntnis aus. Die Klimakrise in ihrem ganzen existenzgefährdenden Ausmaß wurde mir jedoch erst klar, als ich mich privat mehr und mehr damit auseinandersetzte. Ich stieß auf das Buch „Die Geschichte des Wassers“ von Maja Lunde, das mich aufgrund seiner Handlung in unserer Region besonders berührte.
Seitdem ist mein Leben anders. Ich habe mich beruflich auf das Thema Klimakrise spezialisiert, betreue auf Instagram eine sehr aktive Community von Klimaeltern, schreibe Blogartikel und baue dies immer weiter aus. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, anderen Familien zu zeigen, wie sie gemeinsam etwas gegen die Klimakrise tun können.
Die Herausforderung, mit Kindern über die Klimakrise zu sprechen
Doch meine berufliche Ausrichtung ist das eine. Viel herausfordernder finde ich, was die Klimakrise ganz privat mit uns macht. Beziehungsweise mit unseren Kindern. Wir begleiten zwei Kinder ins Leben, suchen in unserer Elternschaft die Balance zwischen Behüten und Loslassen, Wurzeln und Flügeln. Sie haben auf der einen Seite eine geborgene Kindheit auf dem Lande, umgeben von einer grünen Kulisse, einer umsorgenden Dorfgemeinschaft und einem multilingualem Bindungsnetz. Auf der anderen Seite wachsen sie mit dem Wissen auf, dass sich die Welt, so wie sie sie heute kennenlernen, zum schlechteren verändern wird. Das jüngere Kind ist noch zu klein, aber das Grundschulkind macht sich Sorgen, weil die Erde schwitzt. Und es ist für mich eine echte Herausforderung, hier meine eigenen Klimaemotionen soweit zu verarbeiten, um das gut zu begleiten.
Die Klimakrise beeinflusst uns als Familie also bereits direkt und wir können die Auswirkungen auf die Natur und die Landwirtschaft hautnah miterleben.
Ich hatte mich schon viele Jahre intensiv mit der Klimakrise befasst und wusste dennoch nicht, wie man Kindern Informationen vermitteln sollte, ohne ihnen Angst zu machen. Ich fragte mich: Ab welchem Alter sollten wir das Gespräch führen? Wie können wir sicherstellen, dass sie die Informationen auf eine Art und Weise verarbeiten, die für sie angemessen ist? Wie kann man als Elternteil mit den eigenen Ängsten und Unsicherheiten umgehen und gleichzeitig ein Vorbild für die Kinder sein?
Ich arbeitete mich tief in das Thema ein, denn es beschäftige meine Elternschaft in der Klimakrise sehr und fasste meine Erkenntnisse in dem E-Book „Klimakommunikation mit Kindern. Ein Handbuch für klimabewegte Eltern und Bezugspersonen“ zusammen. Im Handbuch beschreibe ich auch eine Möglichkeit für Selbstwirksamkeit, mit der schon kleinere Kinder aktiv etwas fürs Klima tun können.
Selbstwirksamkeit: Familien-Fahrplan fürs Klima
Was für Menschen jeglichen Alters wichtig ist, egal ob noch sehr klein oder schon sehr alt, ist Selbstwirksamkeit. Auch für Kindergarten- und Vorschulkinder ist es wichtig, dass sie sich wirksam fühlen, also das Gefühl haben etwas zu verändern. Das gilt auch für die Klimakrise. Eine Möglichkeit für Selbstwirksamkeit ist ein Familienfahrplan für Klimaschutz, an dem sich alle Großen und Kleinen Familienmitglieder beteiligen können.
Ein Familien-Fahrplan für Klimamaßnahmen kann jederzeit ergänzt, vervollständigt, verändert und diskutiert werden. Er sollte für alle Familienmitglieder einfach zu „lesen“ sein. Die jüngeren Kinder in der Familie können Bilder dazu malen.
Zuallererst aber solltest du wissen, was ihr überhaupt emittiert. Kennst du den CO²-Fußabdruck deiner Familie? Wir müssen bedenken, dass das Konzept des ökologischen Fußabdrucks von einem großen Erdöl-Produzenten ins Leben gerufen wurde, um die Verantwortung auf die Individuen abzuwälzen. Dennoch – wenn ihr individuell als Familie etwas zum Klimaschutz beitragen möchtet (was nie verkehrt ist, es reicht nur nicht, um das Klima zu retten), macht es Sinn, erst mal zu wissen, wie der persönlich ökologische Fußabdruck aussieht.
Wenn ihr das wisst, gestaltet ihr daraus euren Fahrplan. Fangt im Großen an: Wie oft/wann wird Auto gefahren? Welche Strecken könnte man sparen? Wo geht die Urlaubsreise hin, mit welchem Transportmittel? Und geht dann ins Kleine: Welche pflanzlichen Rezepte schmecken euch, wo könnt ihr Fleisch und Wurst einsparen? Wie könnt ihr Regenwasser sammeln, stellt ihr euren eigenen Kompost her?
Ihr könnt durch Bücher für Umweltschutz blättern oder im Internet nach Anregungen suchen. Frag dein Kind nach Ideen und Lösungen – oftmals haben Kinder bessere Ideen, als Erwachsenen!
Im E-Book gebe ich des Weiteren konkrete Tipps, wie man als Elternteil die Klimakommunikation innerhalb der Familie erfolgreich gestalten kann. Dabei ist mir besonders wichtig, dass die Kommunikation auf Augenhöhe stattfindet, dass Eltern Klimakommunikation als Haltung ansehen und ihren Kindern Vorbild werden. Die wichtigsten Do‘s and Dont‘s seht ihr hier:
Klimakommunikation ist eine Haltung
Das Vorleben eines umwelt- und klimafreundlichen Lebens ist ein großer Bestandteil der Klimakommunikation mit Kindern. Reden ist wichtig und Kommunikation ist elementar, um Menschen auf die Auswirkungen der Klimakrise aufmerksam zu machen. Klimafreundlich zu handeln, Emissionen einzusparen (auch wenn es unangenehm ist) und aktiv in der eigenen Community ins Handeln zu kommen ist noch wichtiger.
Die Klimakrise stellt unser persönliches Leben vor Herausforderungen, aber wir sind fest entschlossen, einen Weg zwischen Klimasorgen und Mutgefühl zu gehen. Wir werden uns weiterhin, sowohl durch die Öffentlichkeitsarbeit in Texten, als auch durch unsere ökologische Landwirtschaft für eine nachhaltige Zukunft einsetzen.
Um dies zu erreichen, ist es jedoch nicht ausreichend, dass wir allein kämpfen. Wir müssen uns zusammenschließen und Banden bilden. Als Eltern können wir uns vernetzen und gemeinsam für unsere Kinder und ihre Zukunft kämpfen.
Lasst uns unsere Kinder ermutigen, sich für ihre Umwelt und Zukunft einzusetzen und ihnen die Werkzeuge in die Hand geben, die sie brauchen, um eine Welt zu gestalten, die für alle Menschen sicher und lebenswert ist. Denn nur wenn wir zusammenhalten und uns für eine bessere Welt einsetzen, können wir eine positive Veränderung bewirken.
Im ersten Teil der Reihe “Elternschaft in der Klimakrise” ging es um meinen persönlichen Aufwachmoment. In zweiten Teil erklärte ich, was die Klimakrise mit einem Eisberg zu tun hat und wie du dich auf die Ausmaße einlassen kannst. Das war wichtig für dein Verständnis und deinen Aktivismus. In diesem Teil habe ich erzählt, wie wir unser Leben auf ein Leben in der Klimakrise ausgerichtet haben – beruflich wie privat und wie wir mit unseren Kindern kommunizieren können. Im nächsten Teil geht es um Emotionen – wie wir als Eltern Fels in der Brandung sein können für unsere Kinder und warum wir nicht zu viel Angst vor der Angst haben sollten. |