Wer als Mensch die Klimakrise als Gefahr wahrnimmt, schaltet in den fight, flight or freeze Modus. Menschen im flight Modus flüchten oder machen sich Gedanken darüber, es bald zu tun. Sie suchen einen Zufluchtsort in der Klimakrise.
Nicht etwa, weil es durch Ernteausfälle und Wetterextreme notwendig ist, wodurch jährlich etwa 20 Millionen Menschen im globalen Süden bereits flüchten müssen. Sondern weil sie ein Rettungsboot suchen, einen Zufluchtsort in der Klimakrise. Einen Ort, an dem es sicher ist und Voraussagen zufolge auch sicher bleiben wird. Dessen Ausgangsbedingungen günstiger sind, um Finanzkrisen, Umweltzerstörungen, Pandemien und die Klimakrise in einer eng vernetzten Welt gut durchzustehen.
Perfekte Lage für Abschottung gesucht
Eine Studie der britischen Anglia Ruskin University und des Global Sustainability Institutes in Cambridge von 2021 nennt Neuseeland, Tasmanien, Patagonien, die britischen Inseln und Skandinavien als sogenannte ´collapse lifeboats` (dt: Zusammenbruch-Rettungsboote). Auch der Norden Kanadas und Russland könnten als Rettungsboot für Bevölkerungsgruppen dienen. “Innerhalb des 5 °C-Szenarios kann das Potenzial für größere Standortverlagerungen in bestimmte Regionen der Welt zu einer Umkehrung der Globalisierung führen, was wiederum zu wirtschaftlicher Depression und Verschiebungen in der Weltbevölkerung führt”, so die Studie.
Wer kann, kauft sich einen zweiten Wohnsitz. So wie Techmilliardär und Trump-Unterstützer Peter Thiel beispielsweise, der seinen Zufluchtsort in der Klimakrise in Neuseeland sieht. Bereits 2016 hat er Neuseeland eine Schaffarm erstanden, kämpft aber bis heute mit der Gemeinde vor Ort darum, sie mit Luxusbunker für die Endzeit zu komplettieren. Neuseeland hält den Bedingungen der Studie als “collapse lifeboats” stand: Es hat die Fähigkeit, im Krisenfall genug Nahrung für die Bevölkerung anzubauen, die Grenzen vor Massenmigration zu schützen (deshalb sind Inseln besonders gut geeignet), ein autonomes Stromnetz und einige Produktionskapazitäten aufrecht zu erhalten.
Es sind absurde Gedanken und doch kann man sich fast sicher sein, dass immer mehr Menschen dem Gedanken an eine sichere Bleibe in der Klima-Apokalypse spielen werden. Die, die es sich leisten können, werden “wie einst die Kolonialherren ein Stück Land aus der Angst vor Extremwetterereignissen in Beschlag nehmen”, wie Ruth Fend im Mai 2022 in der ZEIT schreibt. Wohlhabende Menschen kaufen sich Grundstücke in vermeintlich sicheren Gebieten. Ist das der Freibrief, so weiterleben zu können wie bisher? Sind die Zukunftssorgen damit Geschichte, ist das die Lösung für Klimaangst?
Die reichsten Menschen tragen die Verantwortung
Besonders prekär ist das vor dem Hintergrund, dass die reichsten Menschen die meisten Emissionen ausstoßen und die meiste Schuld an einem Klimazusammenbruch haben – während die Menschen des globalen Südens zu Millionen durch Dürren und Überschwemmungen vertrieben werden. Die Weltbank schätzt die Zahl an Klimaflüchtlingen auf 216 Millionen bis 2050.
Schon heute sind Millionen Menschen im globalen Süden von der Klimakrise direkt betroffen. Ihre Lebensgrundlagen werden durch Dürre, Überschwemmungen und extremen Wetterereignissen bedroht, die nicht sie verantwortet haben, sondern wir. Menschen aus dem globalen Norden, die wohlhabendsten 10 Prozent der Weltbevölkerung, stoßen zwischen 34 und 45 Prozent aller Treibhausgasemissionen aus. Der globale Süden, der am meisten unter den klimatischen Veränderungen leidet waren im gesamten Zeitraum zwischen 1850 und 2019 für nur 0,4 Prozent der Emissionen verantwortlich, obwohl in diesen Ländern rund 10 Prozent der Weltbevölkerung lebten.
Die Klimakrise ist eine humanitäre Krise, die nach wie vor von kolonialistischer Ausbeutung und Rassismus erzählt. Der globale Norden, die Industriestaaten tragen eine besondere Verantwortung, den globalen Süden in der Klimakrise zu entlasten und die Menschen zu unterstützen. Das beinhaltet nicht, sich selbst am nächsten zu sein und den Bunker für die Sintflut vorzubereiten.
So einfach ist es auch gar nicht, sich für einen sicheren Ort zu entscheiden. Selbst wer die finanziellen Mittel bereithalten kann und bei den steigenden Preisen nicht schlucken muss: Es gibt keinen sicheren Ort, keinen wirklich sicheren Zufluchtsort in der Klimakrise. Das sieht man zum Beispiel an den verheerenden Überschwemmungen in Neuseeland dieser Tage. Die Millionenstadt Auckland hat gestern den Notstand ausgerufen – fast alles steht dort unter Wasser.
Das zeigt: Niemand und nirgends kann (man) sich vor der Klimakrise verstecken. Klimakrise, das heißt: Es wird nicht nur wärmer, sondern es kommt in nassen Regionen auch zu extremen Niederschlägen. Wer hoch genug wohnt, um dem steigenden Meeresspiegel auszuweichen, muss mit Erdrutschen rechnen. Wer denkt, je weiter im Norden, desto besser, macht sich auch etwas vor. Denn je weiter man sich dem Pol nähert, desto eher taut dort der Permafrost, weicht die Böden auf und verschluckt Häuser in Löcher. Alles keine besonders guten Aussichten, oder?
Klimaangstnomade sucht Relocation Agent
Meine Tante war viele Jahre als Relocation Agent in Zug/Schweiz und in Paris/Frankreich tätig. Beauftragt von verschiedenen Firmen half sie deren Mitarbeiter:innen in der neuen Umgebung sesshaft zu werden. Sie suchte Schulen und Kindergärten für die Kinder, Jobs für die Partner:innen, eine Wohnung, half mit Sprachkursen, interkulturellem Training und allem weiteren.
Gibt es das bereits für Klima… – wie sollen wir sie nennen, die Menschen, die vor dem Klimaflüchten, aber nicht weil sie flüchten müssen, sondern weil sie auf der Suche nach einer vermeintlichen Zufluchtsort in der Klimakrise sind – Klimaangstnomaden?
Gibt es bereits Relocation Agents für Klimaangstnomaden?
“Guten Tag, ich helfe Ihnen eine sichere Bleibe in der Katastrophe zu finden. Ein Ort, der auch nicht sicher ist, weil niemand weiß, wie sich Orte mikroklimatisch verändern werden, aber gut umzäunt werden kann und die perfekte Lage für Abschottung hat.” Puh, was für Aussichten. Dennoch ein Berufsfeld, das sich in den nächsten Jahren vielleicht auftun wird.
Denn es gibt sie. Die Menschen, die ernsthaft nach einer Bleibe in der Klimakrise suchen und sie zum Teil sogar schon gefunden haben. Ich habe nachgefragt bei meiner kleinen Instagram Community. In einer nicht-repräsentativen Umfrage sagten 79% an, schon mindestens den Gedanken an eine Umsiedlung aus Klimagründen gehabt zu haben. Das Ergebnis ist insofern nicht überraschend, da ich das Thema Klimakrise intensiv bearbeite und deshalb natürlich vor allem die Menschen auf meinem Kanal sind, die sich damit auseinandersetzen (möchten). Dennoch erstaunt es: so viele denken an einen Zufluchtsort in der Klimakrise auch als Familie, an einen vermeintlich sicheren Ort nach – wo wollen sie denn alle hin?
Als ich meine Leserschaft ermutige, mir zu schreiben, bekomme ich viele Antworten. Von Menschen, die in allen Gebieten Deutschlands leben und Angst vor Hitze und Dürre haben. Berliner:innen, die in ihren Dachwohnungen jetzt schon an ihre Grenzen kommen. Von Wiener:innen, die in einem neuen Viertel kühlere Nächte spüren und Hausbesitzer:innen, die an eine Zisterne im Garten denken.
Gärtnern ohne gießen in Dresden
Eine Dresdner Mutter, die die Erde ihres Gartens mit Schafwolle nährstoffhaltiger macht und so den Mutterboden stärkt, schreibt mir. Als Familie machen sie sich sehr viele Gedanken um eine nachhaltige Bewirtschaftung. Sie arbeiten auf Selbstversorgung hin, halten Schafe – und gießen ihren Garten nicht. Stattdessen setzen sie darauf, dass die Pflanzen durch eine gute Bodenstruktur und regelmäßige Bodenlockerung ihre Wurzeln tief genug austreiben werden, um sich selbst mit Wasser zu versorgen. Eine Technik, die auch in Spanien, wo ich seit 2018 lebe, genutzt wird: Gemüsepflanzen (ebenso wie die landwirtschaftlichen Oliven-, Mandel-, und Johannisbrotbäume) werden nicht gewässert, sondern nur geharkt. Durch den lockeren Boden können die Pflanzen tief wurzeln. Sie liefern weniger Ernte als durch regelmäßiges Gießen, aber dennoch überraschend viel Ertrag.
In einem viel strukturierten Grundstück setzt die Familie auf trockenverträgliche Baumarten wie alte Apfelsorte, Schlehe, Mispel, Nussbäume und Kornelkirsche. Sie sorgen sich um den Wasservorrat, denn trotz eines alten Pools, der zusammen mit Fässern als Auffangbehälter für Regenwasser genutzt wird und einer Quelle, merken sie, dass das Wasser jedes Jahr knapper wird. Floss aus der Quelle vor zehn Jahren noch immer Wasser bis auf die Monate August und September, gab es mit den Jahren eine immer länger werdende Trockenperiode. Im Jahr 2022, so erzählt mir die Familie, gab es im Januar und Februar lediglich tageweise Wasser aus der Quelle, mehr nicht. Die zwei Zisternen, die von ihr gespeist werden, sind leer. Schon lange fließt kein überschüssiges Wasser mehr in den Bach, der irgendwann in die Elbe münden sollte.
Mein Zufluchtsort in der Klimakrise – und niemand soll ihn mir wegnehmen
Zu viel Wasser hingegen haben sie am Oderbruch, einem Hochrisikogebiet für Überschwemmungen. Nachdem ihr Haus bereits zweimal überflutet ist, sucht diese Familie nach einem Grundstück in Finnland. Die Beweggründe sind erst schwammig formuliert. Die erste Nachricht, die mich erreicht, lautet: “Ich habe mal gelesen (ich habe keine Quelle oder so), dass unsere Region von den Temperaturen her wie die Mittelmeerregion werden soll und in den nordischen Ländern soll es dann so sein wie hier.” Das klingt erstmal nicht wohlüberlegt.
Als wir jedoch länger schreiben, wird klar: Finnland soll es nicht von ungefähr werden. Die Mutter hat bereits zwei Jahre in Finnland gelebt, hat Fennistik studiert, spricht die Sprache – und liebt das Land. Klimaangst spielt zwar auch bei ihrer Entscheidung eine Rolle, sie schreibt, dass sie “ziemliche Angst vor den Folgen der Klimakrise und Naturkatastrophen hat”, aber dass sie auch grundsätzlich gerne in Finnland leben möchte. Im Moment seien die Preise gut, schreibt sie, weshalb ich ihre Nachricht auch nicht anonym teilen soll, damit niemand ihrem Traum zuvorkommt. Die Umsiedlung erfolgt nicht alleine: Eine Freundin kommt mit und auch die Familie kann die Gründe gut nachvollziehen und will nachkommen.
Drei Grad Unterschied – innerhalb einer Stadt
Dass es gar nicht so weit sein muss, um schon einen Unterschied zu machen, zeigt die Nachricht einer Wienerin. Aufgrund der Hitze und unerträglichen Temperaturen in der Wohnung, ist sie mit ihrer Familie von der Innenstadt in einen Außenbezirk gezogen. Ein Blick auf die Wetterstation gibt ihr Recht, dass es hier angenehmer ist: “Wenn wir jetzt die Temperaturen vergleichen, sehen wir, dass wir nachts 2 bis 3 Grad Unterschied haben.”, schreibt sie. Und erklärt weiter: “Dass es nicht nur ein subjektiver Eindruck ist, ist uns auch letztes Jahr bewusst geworden, als wir die Wiener Hitzekarte angesehen haben.”
Die Wiener Hitzekarte, eine wissenschaftliche Untersuchung, hat die Stadt Wien im Jahr 2019 in verschiedene Hitzbereiche eingeteilt. Sie gibt der Familie Recht: “Wir sind von einem roten in einen gelb-blauen Bereich übergesiedelt.” und fügt an: “kann sich nicht jeder leisten, eine solche Hitzezone zu verlassen.”
Ganz klar: Es ist eine sehr privilegierte Situation, wenn man sich über solche Umzugs- und Auswanderungspläne Gedanken machen kann. Dazu braucht es genug Geld, eine gute Bildung und im besten Falle eine ortsungebundene Arbeitssituation.
Das Beispiel der Wiener Hitzekarte zeigt: Die klimatischen Bedingungen sind kleinparzellig sehr
unterschiedlich.
Sich am eigenen Wohnort zu informieren, kann eine bessere Einschätzung geben, als dem reinen “Katastrophengefühl” nachzugeben durch die viel zu pauschalen Aussagen in den Medien, dass es überall heißer werden wird. Wichtige Infos dazu können sein, wie sich die iederschläge in den letzten Jahren verändert haben, welches Grundwassermanagement es auf kommunaler Ebene gibt oder nach Landwirtschaftsprojekte Ausschau zu halten, die bereits an hitzeresistente Arten forschen (wie zum Beispiel die Hochschule Anhalt in Sachsen-Anhalt es seit Jahren macht),
Sich am eigenen Wohnort zu informieren, kann eine bessere Einschätzung
geben, als dem reinen “Katastrophengefühl” nachzugeben durch die viel zu pauschalen
Aussagen in den Medien, dass es überall heißer werden wird.
Während eine Familie in Schleswig-Holstein ein altes Gutshaus renoviert und von ihrer Familie für eine Ortslage mit sicherer Zukunft beneidet wird, lebt eine andere Familie ebenfalls in Norddeutschland, ist sich aber ihres Glückes nicht so sicher. Die Mutter weiß “dass es hier für unsere Kinder und eventuelle Enkel nicht mehr allzu rosig aussehen wird”. Ein Keller war nicht drin, der Grundwasserspiegel ist dafür zu hoch, das Haus umgeben von Fleeten (Entwässerungsgräben). Dennoch will diese Familie nirgendwo anders hin. “Es gibt sicher auch schlechtere Orte.”
Mit Kindern über die Klimakrise sprechen?
Ja, aber richtig!
Wie das geht? Das habe ich in einem kurzweiligen, empowernden E-Book geschrieben.
Die Fragen zu einem besseren Wohnort ähneln sich bei vielen. Eine Mutter aus Sachsen schreibt mir: “Ist das Haus, das wir gekauft haben, an einem Platz, an dem man überleben können wird? Oder wo wir zumindest so gut es geht leben können, auch bei Katastrophen?”. Sie haben sich entschieden, ein altes Bauernhaus aus Ressourcengründen aufwändig zu renovieren, zum Unverständnis der Nachbarschaft. “Schiebt es doch einfach weg und baut neu”, hören sie nicht nur einmal. Aber sie wollen nachhaltig bauen, keinen neuen Boden versiegeln. Froh sind sie über die ländliche Lage. “Wissen kann man es natürlich nie. Aber ich würde kein Haus in der Stadt kaufen, keines ohne Brunnen, keines ohne Grundstück, auf dem man selbst Strom generieren könnte oder in größerem Stil Vorräte einlagern kann.” Vielleicht klingt sie nach eigener Aussage dystopisch, aber sie fügt an: “Eigentlich will man sich damit nicht auseinandersetzen, aber für unsere Kinder und Enkel müssen wir es tun.”
“Ich würde kein Haus in der Stadt kaufen, keines ohne Brunnen, keines ohne Grundstück, auf dem man selbst Strom generieren könnte oder in größerem Stil Vorräte einlagern kann.”
Mutter aus Sachsen
Wer den Gedanken der Klimaangstnomaden nachgibt und nach einem vermeintlich sicheren Lebensort sucht, dem werden Zweifel kommen. Krisen sind Gleichmacher. Reicht ein Eintrag ins Grundbuch, wenn Millionen auf der Flucht sind und die Grenzen dichtgemacht werden? Was, wenn die Ressourcen knapp sind – Ist da ein Zufluchtsort vor der Klimakrise für wohlhabende Ausländer:innen ein echtes Zufluchtsort?
Wir können nicht alle nach Skandinavien ziehen
Ich lebe in der Mittelmeerregion, mit einer Aussicht auf sechs Grad Erwärmung, wenn wir es nicht schaffen sollten, die Emissionen bis 2050 auf Netto-Null zu reduzieren. Ich hatte eine große emotionale Krise, als ich 2019 den (für mich fast schon verstörenden) Roman von Maja Lunde “Die Geschichte des Wassers” gelesen habe. Der Roman spielt in der Zukunft und beschreibt auf dystopische Weise einmal die Wassernot in Spanien und den immerwährenden Regen in Skandinavien. Die Geschichte findet in unserer Region statt. Menschen müssen vor fehlendem Wasser, Hitze und Kriegen fliehen. Danach herrschte bei mir ganz lange das Gefühl: Was tun wir eigentlich hier? Warum bleiben wir hier?
Diese Gedanken kommen auch jetzt immer wieder mal hoch – denn Klimaemotionen werden ein lebenslanger Prozess sein. Doch beim Gedanken daran, dass zu viel Wasser immer noch besser ist als gar keines, ist mir klar: Wir können nicht alle in den Norden. Aufgrund von Klimaangst nach Skandinavien zu ziehen, kommt mir egoistisch, fatalistisch und obsolet vor.
Über zwei Dinge bin ich mir zudem sicher: Einmal, dass es mikroklimatisch so unterschiedlich sein kann, dass man nirgends hundertprozentige Sicherheit hat, es aber vielerorts positivere Zustände geben wird, als die Prognosen es vorhersagen. Zieht jemand beispielsweise möglichst weit nach Norden und baut sich auf einem Hügel ein Häuschen – ist das nicht unbedingt sicher. Der Permafrostboden schmilzt. Wenn man Glück hat, hält der Hügel. Wenn man Pech hat, ist er weg. Sicherheit gibt es nirgends.
Und das Zweite, worüber sich alle Gedanken machen sollten, hat gar nicht unbedingt etwas mit dem Klima zu tun: Wer sich auf ein Grundstück oder in ein Eigentum in vermeintlich sichere Gebiete flüchtet, der vergisst, wie wichtig soziale Strukturen sind. Autark leben, ein Einsiedlerhof mitten im Nirgendwo – sehe nur ich die Gefahr, die von diesen Lebensentwürfen ausgeht? Wenn die Welt brennt und es zu Katastrophen und Kriegen kommen sollte, ist dann nicht ein funktionierendes gemeinschaftliches Miteinander das Wichtigste?
Dafür reicht es nicht, ein Grundstück zu erwerben, auf das man im Falle der Fälle ziehen wird. Dafür braucht es jahrelangen Vorlauf, eine gute Anbindung an das soziale Netz, Wissen über die Infrastruktur und eine gelungene Integration an die Gesellschaft vor Ort. Ich glaube daran, dass Krisenzeiten auch das Gute im Menschen hervorbringen können. Dass man sich gegenseitig hilft, sich unterstützt und gemeinsam durch schwierige Zeiten geht. Solidarität, das gibt es doch noch, oder?
Eigene Region mitgestalten, statt an einen Zufluchtsort fliehen
Aber – müssen wir überhaupt über all das sprechen? Ist es nicht furchtbar, sich das alles vorzustellen und zu durchdenken, wo es einen Zufluchtsort in der Klimakrise geben könnte? Können wir nicht mal über etwas Positives reden?
Ja, können wir. Es ist nicht gesund, sich in negativen Gedankenspiralen aufzuhalten und sich in Endzeit-Szenarien zu verlieren. Aber ich bin der Meinung, es ist auch nicht gesund, zu verdrängen und keine Szenarien durchzuspielen. Es kann helfen, das von Zeit zu Zeit zu tun. Sich mental vorzubereiten, sich auf Alternativen einzustellen und dann vielleicht auch, so wie ich, zu dem Schluss zu kommen, dass man es nicht verhindern kann, dass die Zukunft kommt, aber dass man die Zukunft mitgestalten kann.
Und das ist das positive, was ich aus all diesen Gedanken mitnehme: Wir stellen heute die Weichen für die Zukunft von morgen. Wir haben die Möglichkeit, unser Wirken und Tun darauf auszurichten, zu kämpfen! Für unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder.
Wir können:
- Vor Ort Klimaanpassungen vornehmen, auf regenerative, möglichst autarke Kreisläufe setzen und unser soziales Netz sorgsam auswählen und pflegen.
- Zukunftsorientiert wirtschaften und investieren.
- Kommunal wirken und unsere Gemeinde für die Klimakrise vorbereiten.
- Vorträge halten in Schulen und Kindergärten und auf die Probleme und deren Lösungen aufmerksam machen.
- Klimafeste, Mahnwachen und Demos veranstalten.
- Mit der Bürgermeisterei über Solarparks diskutieren und einen CO2-neutrale Heimat gestalten.
- Die örtliche Presse drängen, kritisch zu berichten – Medien sind ein wichtiger Helfer, um Menschen zu erreichen.
- Wir können Vorbild sein und nachhaltig leben, wir können durch unser Verhalten das unserer Mitmenschen und das unserer Kinder zum Positiven beeinflussen.
Wir können viel mehr tun, als “nur” umzuziehen – wenn wir schon wohin gehen, dann vor Ort in eine bessere Welt.